Entlöhnung pflegender Angehöriger – private Spitexfirmen bereichern sich auf Kosten der Allgemeinheit
Mit einer Interpellation macht Kantonsrätin Jeannette Losa (GRÜNE) auf einen skandalösen Missstand aufmerksam: Private Spitexfirmen erzielen exorbitante Gewinne mir der Anstellung von Personen, die ihre Angehörigen pflegen. Sie zahlen den Angestellten nur einen Bruchteil der Entschädigung aus, die sie zulasten von Krankenkassen und Gemeinden abrechnen.
In der Schweiz betreuen rund 600’000 Personen ihre pflegebedürftigen Angehörigen während ungefähr 30 Mio. Arbeitsstunden pro Woche. Sie leisten damit einen wichtigen und wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft. Bis zum Jahr 2020 wurden diese Pflegeleistungen unentgeltlich als Care-Arbeit verrichtet. Im Jahr 2019 entschied das Bundesgericht, dass die Krankenkassen die Grundpflege durch Familienangehörige zu entschädigen haben.
In der Folge wurden viele Firmen gegründet, die sich auf die Anstellung pflegender Angehöriger spezialisiert haben. Diese Unternehmen stellen den Krankenkassen hohe Abrechnungen, die letztlich zu Lasten der Prämienzahlenden gehen. Die Differenz zwischen dem vergüteten Lohn der pflegenden Angehörigen und dem schweizweit einheitlichen Spitex-Stundenansatz fliesst dabei als Gewinn in die Taschen der Privatunternehmen. Zusätzlich werden auch die Gemeinden belastet: Sie leisten Kostenbeiträge an die Arbeit der Spitex und damit auch an die Pflege der Angehörigen. Mit der gesetzlich vorgeschriebenen Finanzspritze der Gemeinden kommen die Firmen auf noch höhere verrechenbare Stundenlöhne. Diese werden jedoch nicht den pflegenden Angehörigen ausgezahlt, sondern steigern zusätzlich den Profit der Privatunternehmen. Vor dem Hintergrund der besorgniserregenden Kostenentwicklung im Gesundheitswesen und der stark steigenden Krankenkassenprämien ist dieses Geschäftsmodell stossend und geradezu skandalös.
In einer Interpellation möchte die grüne Kantonsrätin Jeannette Losa von der St.Galler Regierung wissen, was sie gegen diesen Missstand zu unternehmen gedenkt. Mögliche Ansatzpunkte sind die Anpassung des Restkostenbeitrags der Gemeinden und die Schaffung einer kantonalen Stelle, bei welcher sich die pflegenden Angehörigen anstellen lassen können. Die Interpellation wurde in der laufenden Frühjahrssession des Kantonsrates als dringlich eingereicht. Unverständlicherweise lehnten Regierung und Kantonsrat die Dringlicherklärung ab und senden damit ein äusserst befremdliches Signal aus. Die GRÜNEN fordern die Regierung auf, das Problem unverzüglich anzugehen.