Der St.Galler Kantonsrat hat einer gemeinsamen Motion von CVP, SP und GRÜNEN zugestimmt, welche ein Moratorium für die Schliessung der Berufsfachschule Rorschach verlangt.

Die Bilanz der Novembersession fällt aus Sicht der GRÜNEN durchzogen aus. Die beschlossenen finanzpolitischen Weichenstellungen geben Anlass zur Besorgnis, ebenso das Versagen des Kantons bei der Umsetzung der Energie- und Klimaziele. Positiv zu werten sind die Entscheide des Kantonsrates zum Wasserbaugesetz und zur Berufsfachschule Rorschach.

Budgetdebatte: Sparübungen zum falschen Zeitpunkt

Das Kantonsbudget sieht für 2021 Steuerausfälle von 115 Millionen Franken vor. Bei der Debatte um die Steuerreform vor zwei Jahren prognostizierte die Regierung Ausfälle von «lediglich» 60 Millionen. Aufgrund dieser Fehlannahme einigten sich SVP, FDP, CVP und SP auf den sogenannten Steuerkompromiss. Einzig die GRÜNEN lehnten die Steuervorlage ab, während die anderen Parteien unnötige Steuergeschenke für grosse Firmen befürworteten. Die nun fast doppelt so hohen Ausfälle bestätigen die damalige Skepsis der GRÜNEN: Direkte Folge des faulen Steuerkompromisses ist ein strukturelles Defizit, das den finanziellen Handlungsspielraum des Kantons in der Corona-Krise zusätzlich einschränkt. In der Budgetdebatte wurde ein Antrag der Finanzkommission gutgeheissen, welcher die Regierung zur Ausarbeitung eines Sparpakets auffordert. Ebenso wurden Kürzungen im Personalbereich vorgenommen, wodurch die Erfüllung wichtiger Staatsaufgaben in Frage gestellt wird. Die rechte Mehrheit des Kantonsrates betreibt damit eine verantwortungslose und kurzsichtige Finanzpolitik, welche die Krise verstärkt, anstatt ausgleichend zu wirken.

Energiekonzept: Ziele verfehlt – Konsequenzen bleiben aus

In der Debatte zum Energiekonzept 2021-2030 äusserten mehrere Mitglieder der GRÜNE-Fraktion harsche Kritik am ungenügenden Engagement des Kantons. Obschon sämtliche Ziele des Energiekonzepts 2010-2020 verfehlt wurden, setzt die Regierung weiterhin auf unverbindliche, verhaltensökonomische Massnahmen. Der 69-seitige Bericht verbreitet Zweckoptimismus, doch ist ein erneutes Verfehlen der Zielvorgaben ohne zusätzliche Anstrengungen vorprogrammiert. Die institutionelle Politik scheint die Dringlichkeit der Klimakrise bereits wieder verdrängt zu haben, nachdem die Strassenproteste der Klimajugend infolge der Corona-Pandemie eingestellt werden mussten. Die GRÜNEN werden im Kantonsrat weiterhin eine wirkungsvolle Klima- und Energiepolitik einfordern und sich nicht mit leeren Worten zufriedengeben.

Wasserbaugesetz: flexible Regelung zu Perimeterbeiträgen

Für eine lange Parlamentsdebatte sorgte der Nachtrag zum Wasserbaugesetz. Umstritten war der Antrag der vorberatenden Kommission, das Instrument der Perimeterbeiträge für Gemeindegewässer abzuschaffen. Diese Beiträge, welche von Grundeigentümer*innen für Bau und Unterhalt von Gewässern erhoben werden, sind häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Die GRÜNE-Fraktion sprach sich mit der Regierung und der Mehrheit des Kantonsrats für eine pragmatische Lösung aus: Die Gemeinden sollen künftig selber entscheiden, ob sie Perimeterbeiträge erheben oder darauf verzichten. Grundsätzlich erscheint es legitim, dass Grundeigentümer*innen sich an den Kosten von Hochwasserschutzmassnahmen beteiligen, wenn Grundstücke dadurch eine Wertsteigerung erfahren. Allerdings kann der Verwaltungsaufwand zur Erhebung der Beiträge je nach Konstellation höher ausfallen als die Beiträge selbst. Es ist daher sinnvoll, die Abwägung von Aufwand und Ertrag den Gemeinden zu überlassen.

Berufsschulstandorte: Denkpause einlegen

Die Regierung hatte im Oktober überraschend angekündigt, die Berufsfachschule Rorschach zu schliessen und an deren Stelle das Berufs- und Weiterbildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe von St.Gallen nach Rorschach zu verlegen. In einer Medienmitteilung hatten die GRÜNEN diesen Entscheid kritisiert und ein Moratorium gefordert. Die in Aussicht gestellte Umstrukturierung der Berufsschulstandorte wird von den GRÜNEN nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Allerdings muss sie auf einer umfassenden Analyse des Ist-Zustandes basieren und unter Einbezug aller Anspruchsgruppen erarbeitet werden. Der Regierungsentscheid, welcher über die Köpfe der Betroffenen hinweg gefällt wurde, soll nochmals hinterfragt werden. Mit der Gutheissung einer gemeinsamen Motion von CVP, SP und GRÜNEN hat der Kantonsrat dieser Forderung nun Nachdruck verliehen.