Die Schweizer Stimmbevölkerung hat am 28. November 2021 mit über 60 Prozent Ja-Stimmen die Pflegeinitiative deutlich angenommen. Auch im Kanton St.Gallen haben 56,75 Prozent der Stimmenden die Initiative gutgeheissen. Dieses klare Votum muss ernst genommen werden. In der Verantwortung sind in erster Linie die Kantone, welche im föderalen System für die Gesundheitsversorgung zuständig sind.

Offensive gegen Pflegenotstand gefordert

Die Pflegeinitiative fordert erstens eine Ausbildungsoffensive. Mit mehr Ausbildungsplätzen und besseren Ausbildungslöhnen kann die Zahl der Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger erhöht werden. Zweitens will die Pflegeinitiative Berufsausstiege verhindern, indem die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Im Vordergrund stehen dabei eine verlässliche Zeit- und Dienstplanung, familienfreundliche Strukturen sowie berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Drittens verlangt die Initiative die Sicherung der Pflegequalität durch genügend Personal auf allen Abteilungen. Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, wie systemrelevant der Pflegebereich für die gesamte Gesellschaft ist.

An der Aprilsession ist der St.Galler Kantonsrat auf ein Postulat der GRÜNE-Fraktion mit dem Titel «Umsetzung der Pflegeinitiative: Nach klarem Ja zur Pflegeinitiative soll der Kanton St.Gallen schnellstmöglich handeln» nicht eingetreten. In der Begründung der Regierung heisst es: «Der Fachkräftemangel im Gesundheits- und Sozialbereich beschäftigt den Kanton St.Gallen seit vielen Jahren und der Kanton St.Gallen geht bereits jetzt in unterschiedlichen Projekten und Arbeitsgruppen die Herausforderungen an.» Diese Aussage hat die Kantonsrätinnen Jeannette Losa, GRÜNE, sowie Luzia Krempl-Gnädinger, Die Mitte, dazu veranlasst, mittels einer Interpellation nachzuhaken. Unter anderem wollten sie von der Regierung wissen, welche konkreten Projekte und Massnahmen auf Kantonsebene zur Umsetzung der Pflegeinitiative bereits in die Wege geleitet wurden und wie die Pflegenden darin eingebunden sind. Zudem erkundigten sie sich nach Möglichkeiten, die Löhne des Pflegepersonals attraktiver zu gestalten und mehr Ausbildungskapazitäten zu schaffen.

Zaghaftes Vorgehen der Regierung

In der Interpellationsantwort führt die Regierung aus, dass sie eine departementsübergreifende Projektorganisation zur Erarbeitung der Umsetzungsgrundlagen vorschlägt. Dies ist aus Sicht der Interpellantinnen ein wichtiger Schritt, um einen besseren Überblick zu erhalten, Handlungsfelder zu identifizieren und die einzelnen Aufgabenbereiche zu verknüpfen.

Wie die Regierung weiter festhält, wird der Verband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK in die Arbeiten einbezogen. Diese Aussage ist für Jeannette Losa unbefriedigend, denn der Verband legt Wert darauf, nicht nur angehört zu werden, sondern als ständiges Mitglied in den Arbeitsgruppen mitwirken zu können.

Bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen bleibt die Regierung ebenfalls zurückhaltend. Statt Sofortmassnahmen zu planen, setzt sie auf Befragungen zum Thema Arbeitszufriedenheit. In Anbetracht der Tatsache, dass täglich wertvolle Mitarbeitende ihren Job kündigen, wären sofortige Verbesserungen nach Ansicht der Interpellantinnen dringend angezeigt.

Medienmitteilung als PDF

Interpellation 51.22.41 (ratsinfo.sg.ch)