1. Weshalb unterstützen Sie die Pflegeinitiative?

Die GRÜNEN haben die Pflegeinitiative seit ihrer Lancierung 2017 unterstützt. Die Covid-19-Pandemie hat die Bedeutung der Pflegeberufe nochmals aufgezeigt. Um die Pflegequalität und die Sicherheit der Patienten sicherzustellen, müssen die Forderungen der Pflegeinitiative möglichst rasch umgesetzt werden. Kurz gesagt geht es um die nachhaltige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals.

2. Sie sind Mitbegründer eines Regionalkomitees, das mit Aktivitäten in der Region auf die Pflegeinitiative aufmerksam machen will. Wer ist sonst noch in diesem Komitee?

Wir sind noch in einer Aufbauphase. Wir hoffen, dass wir GRÜNE und SP neben dem Pflegepersonal, die ja diese Initiative weit vor Corona gestartet haben, auch Vertreter*innen anderer Parteien, sowie Parteilose und Personen der Ärzteschaft gewinnen können. Bis Ende Oktober sollte aber eine breite Abstützung gesammelt sein.

3. Welche Aktivitäten haben Sie geplant?

Wir möchten die Bevölkerung in der Region See-Gaster für das Anliegen gewinnen und werden darum mit Standaktionen, Flyerverteil, Stellungnahmen und einer Informationsveranstaltung am 3.November die Öffentlichkeit informieren und für ein Ja zur Pflegeinitiative motivieren.

4. Im Initiativtext wird von einem schweizweiten Pflegenotstand berichtet. Woran erkennt man, dass ein Pflegenotstand herrscht?

Aktuelle Berechnungen zeigen auf, dass bis ins Jahr 2030 in der Schweiz 65’000 zusätzliche Pflegefachleute benötigt werden. Die Verbesserungen in der Ausbildung reichen nicht aus, weil zu viele Pflegefachleute zu früh wieder aus ihrem Beruf aussteigen. Dies meistens wegen Überlastung und ungenügender Entlohnung.

5. Wie sieht das in der Region aus? Gibt es auch hier einen Pflegenotstand?

Auch in unserer Region können die Stellen  für qualifiziertes Pflegefachpersonal länger nicht besetzt werden. Gerade im ambulanten Bereich manifestiert sich deutlich, dass  Leistungen stärker nachgefragt werden. Dies aufgrund dessen, dass die Aufenthaltsdauer im Spital kurz ist und dass Menschen  mit der entsprechender pflegerischen Versorgung länger im häuslichen Umfeld bleiben wollen und können. Auch im See-Gaster wird sich dies aufgrund der demographischen Entwicklung weiter zuspitzen. Wir können von den Pflegenden  nicht erwarten, dass sie zugleich hoch qualifiziert, ständig verfügbar, immer empathisch und gut ausgerüstet sind, ohne ihnen anständige Arbeitsbedingungen und faire Löhne zu gewähren.

6. Inwiefern werden die Bedingungen für Pflegefachkräfte mit der Pflegeinitiative verbessert?

Die letzten Jahre waren stark von ökonomischen Optimierungsbestrebungen geprägt.  Die Stellenschlüssel  waren und sind dabei ein zentraler Faktor. Eine Forderung der Pflegeinitiative beinhaltet mehr qualifiziertes Personal auf den Schichten. Durch die sogenannte adäquate Nurse-Patient Ratio wird nicht nur die Patientensicherheit erhöht, sondern auch die Belastung bei den Pflegenden gesenkt und damit die Berufsverweildauer erhöht. Zwei Studien belegen bereits, dass im Gesundheitssystem der Schweiz mit genügend gut qualifiziertem Pflegefachpersonal die Qualität verbessert, hunderte von Todesfällen vermieden und unnötige Ausgaben von mindestens 1.5 Milliarden Franken pro Jahr verhindert werden können

7. Dem Bund geht die Vorlage zu weit, weswegen ein Gegenvorschlag formuliert wurde. So möchte der Bund eine Ausbildungsoffensive von einer Milliarde Franken starten. Weshalb reichen die Massnahmen des Gegenvorschlags Ihrer Meinung nach nicht aus, um die Pflege in der Schweiz zu fördern?

Zuerst nehme ich zur Kenntnis, dass der Bund den Pflegenotstand erkannt hat und selber aktiv geworden ist. Es reicht aber bei weitem nicht mehr, einfach mehr Pflegende auszubilden, um den Pflegenotstand zu bekämpfen. Deshalb müssen die Arbeitsbedingungen in der Pflege endlich nachhaltig verbessert werden. Die zu ergreifenden Massnahmen sind bekannt, werden aber immer wieder verzögert oder verwässert. Wir Grüne sind überzeugt, dass mit einem Ja der Stimmbürger*innen zur Pflegeinitiative am 28. November die nötigen Verbesserungen der Pflegesituation schneller und besser umgesetzt würden.

8. Die Pflegeinitiative nimmt den Bund in die Pflicht, für anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen, eine angemessene Abgeltung der Pflegeleistungen und Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung zu sorgen. Weshalb sollte das die Aufgabe des Bundes sein?

Weil die Situation jetzt auf der gesamtschweizerischen Ebene schnell und professionell verbessert werden muss. Der Bund muss da den Lead übernehmen. Es ist Zeit dazu. 

Ausserdem ist in der Verfassung (1)  bereits die Hausarztmedizin als wesentlicher Bestandteil der Grundversorgung verankert. Gerade die Pandemie und die demographische Entwicklung zeigen deutlich, dass dies für die Pflege  ebenfalls gelten muss

9. Seit der Corona-Pandemie sorgen die schlechten Arbeitsbedingungen der Pflegefachkräfte vermehrt für Schlagzeilen. Inwiefern ist diese mediale Aufmerksamkeit förderlich für den Abstimmungskampf?

Die Pandemie hat sie Situation einerseits verschlimmert und andererseits das grosse Problem sichtbar gemacht. Mir persönlich wäre es aber lieber, wir könnten ohne Corona über diese wichtige Frage abstimmen.

(1) Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität. Sie anerkennen und fördern die Hausarztmedizin als einen wesentlichen Bestandteil dieser Grundversorgung.