Der St.Galler Kantonsrat wird sich in der Septembersession mit zahlreichen Gesetzgebungs- und Verwaltungsgeschäften sowie Berichterstattungen befassen, die wenig Aufsehen erregen dürften. Eine Ausnahme bildet das Gesetz über Massnahmen zur Milderung der Folgen des Ukraine-Kriegs, das auf eine dringliche Interpellation der GRÜNE-Fraktion in der Aprilsession zurückgeht. Die Finanzkommission beantragt, auf den Gesetzesentwurf der Regierung nicht einzutreten. Die GRÜNEN haben zu den fadenscheinigen Argumenten der Kommissionsmehrheit bereits Stellung genommen und setzen sich weiter dafür ein, dass auch der Kanton St.Gallen in der aktuellen weltpolitischen Lage humanitäre Verantwortung übernimmt.

Postulat zur Wasserkraftnutzung ergänzen

Die drohende Energieknappheit im kommenden Winter beschäftigt die Politik auf allen Ebenen, so auch im Kanton St.Gallen. Verschiedene Vorstösse zum Thema Energieversorgung wurden bereits eingereicht, weitere sind zu erwarten. In der Septembersession behandelt der Kantonsrat ein Postulat mit dem Titel «Erhöhung der Stromproduktion durch effizientere Wasserkraftanlagen im Kanton St.Gallen». Die GRÜNEN unterstützen das Anliegen, Möglichkeiten zur Optimierung der Wasserkraftnutzung zu prüfen. Sie legen aber Wert darauf, dass Energiewende und Naturschutz nicht gegeneinander ausgespielt werden. Angesichts der Energiekrise scheint die Politik zunehmend zu verdrängen, dass die Welt auch mit einer Biodiversitätskrise konfrontiert ist. Die Energiekrise mit Massnahmen lösen zu wollen, welche auf Kosten des Artenschutzes gehen, ist kurzsichtig. Auch wenn bei der Energieversorgung aktuell ein grosser Handlungsdruck besteht, gilt es, verschiedene Interessen im Blick zu behalten und für Zielkonflikte ausgewogene Lösungen zu finden. Die GRÜNE-Fraktion beantragt deshalb eine Ergänzung des Postulatsauftrags, um klarzustellen, dass die geltenden Natur- und Gewässerschutzvorschriften einzuhalten sind. Zudem soll auch die Möglichkeit geprüft werden, bestehende Druckleitungen der Trinkwasserversorgung vermehrt für die Energieproduktion zu nutzen.

In ihrer Stellungnahme zum Postulat hält die Regierung fest, dass das Potenzial der Wasserkraft im Kanton St.Gallen bereits weitgehend ausgeschöpft ist. Ein viel grösseres Ausbaupotenzial besteht bei der Solarenergie, worauf die GRÜNEN seit geraumer Zeit hinweisen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet jene Fraktionen, die nun einen Ausbau der Wasserkraft fordern, in der Aprilsession die grüne Motion für eine St.Galler Solaroffensive abgelehnt haben.

Konsequenzen aus Amcor-Skandal ziehen

Im Frühjahr 2022 erschütterte ein Umweltskandal die Ostschweiz: Die Firma Amcor in Goldach hatte tonnenweise giftigen Löschschaum in den Bodensee fliessen lassen und musste dafür lediglich eine Busse von 5’000 Franken und eine Ersatzforderung von 28’000 Franken für die ersparten Entsorgungskosten bezahlen. Die tiefe Busse für eine derart gravierende Umweltverschmutzung sorgte in der Politik und in der Bevölkerung für grossen Unmut.

Die GRÜNEN reagierten mit mehreren parlamentarischen Vorstössen auf den Amcor-Skandal und forderten unter anderem, den Strafrahmen für Unternehmen bei Umweltdelikten auf mindestens 50’000 Franken zu erhöhen. Da hierfür eine Gesetzesänderung auf Bundesebene erforderlich ist, soll der Kanton St.Gallen ein entsprechendes Standesbegehren bei der Bundesversammlung einreichen. Die Regierung empfiehlt das Standesbegehren der GRÜNEN zur Gutheissung und hat überdies in Aussicht gestellt, noch im laufenden Jahr ein umfassendes Regierungsprojekt zu starten, um die kantonsinternen Zuständigkeiten im Bereich Umweltdelikte zu klären und allenfalls anzupassen. Die Bereitschaft der Regierung, Lehren aus dem Fall Amcor zu ziehen, ist erfreulich. Die GRÜNE-Fraktion hofft, dass der Kantonsrat dem Standesbegehren mit grosser Mehrheit zustimmen und damit ein starkes Signal nach Bundesbern senden wird.

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