In zwei Wochen behandelt der Kantonsrat das Budget 2023. Der Entwurf der Regierung geht von einem operativen Verlust von 79,5 Millionen Franken aus. Dies ist aber nur die halbe Wahrheit, ist doch im Budget eine Ausschüttung der Schweizerischen Nationalbank von 149,5 Millionen Franken eingeplant. Aufgrund der aktuellen Wirtschaftsentwicklung besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Gewinnausschüttung der Nationalbank im nächsten Jahr ganz ausbleibt. Folglich müsste von einem Defizit von knapp 230 Millionen Franken ausgegangen werden. Trotz dieser schlechten Aussichten hat sich eine grosse Mehrheit der Finanzkommission für eine Steuersenkung um 5 Prozentpunkte ausgesprochen. Damit wächst der Fehlbetrag auf annähernd 300 Millionen an.

Einnahmeausfälle gefährden Aufgabenerfüllung

Von einer Steuersenkung profitieren vor allem Personen mit mittleren und hohen Einkommen. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre jedoch eine gezielte Entlastung der unteren Einkommen angebracht. Diese Bevölkerungsschichten sind am meisten von den steigenden Krankenkassenprämien und Energiepreisen sowie der allgemeinen Teuerung betroffen. «Eine Erhöhung der Prämienverbilligung wäre das Mittel der Wahl, um jene zu entlasten, die es nötig haben», betont Marco Fäh, Kantonsrat der GRÜNEN und Mitglied der Finanzkommission. Dass eine Mehrheit der Finanzkommission hier keinen Handlungsbedarf sieht, ist für die GRÜNEN unverständlich.

Eine pauschale Steuerreduktion führt zu Ertragsausfällen, die sich der Kanton St.Gallen angesichts aktueller und künftiger Herausforderungen nicht leisten kann. Wohlgemerkt wurde der Steuerfuss bereits letztes Jahr um 5 Prozent reduziert. Die dogmatische Steuersenkungspolitik von Mitte, FDP und SVP führt zu einem künstlichen Spardruck, welcher die adäquate Bewältigung wichtiger Aufgaben verunmöglicht. «Gerade zur Bekämpfung des Pflegenotstandes sowie der Klima- und Energiekrise werden nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen, wenn die Steuern immer weiter gesenkt werden», gibt Marco Fäh zu bedenken.

Sparpolitik zulasten des Personals

Die Finanzkommission beantragt ausserdem, den Teuerungsausgleich für das Staatspersonal auf 1,5 Prozent zu reduzieren. Die Regierung hatte 1,7 Prozent vorgesehen. Die Teuerung in der Schweiz per Ende Oktober 2022 betrug indes 3 Prozent. Ein lediglich partieller Teuerungsausgleich führt zu einem Kaufkraftverlust. Damit zeigt sich der Kanton St.Gallen im Vergleich zu den Nachbarkantonen und auch zur Privatwirtschaft sehr knausrig.

Die Anträge der Regierung und der Finanzkommission zeugen von geringer Wertschätzung gegenüber den Angestellten, welche vor allem in den vergangenen schwierigen Jahren ausgezeichnete Arbeit geleistet haben. Marco Fäh warnt: «Beim aktuellen Fachkräftemangel ist eine solche Sparpolitik zulasten des Personals ein schlechtes Zeichen gegen aussen. Der Kanton läuft Gefahr, für dringend benötigte Stellen kein qualifiziertes Personal mehr zu finden.»

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