
22.03.2022 Hallenbad Blumenwies
«Was lange währt, wird endlich… …gut». Ein etwas abgedroschenes Sprichwort zwar, welches aber die Vorlage zum Blumenwies aus Sicht unserer Fraktion in mehreren Punkten gut charakterisiert.
Für die Fraktion der Grünen und Jungen Grünen sprach Christian Huber als Mitglied der LBK:

„WAIKIKI wird gut, weil unsere Fraktion nach wie vor vom Bauprojekt an sich überzeugt ist: Ein aus architektonischer, ökologischer und betrieblicher Sicht bedarfsgerechtes, modernes, vernünftiges Schwimmbad, das zusammen mit allen relevanten Interessengruppen erarbeitet wurde.
WAIKIKI wird gut, weil durch die Rückweisung bisher noch unbeantwortete Detailfragen in weiteren, intensiven Kommissionssitzungen geklärt werden konnten. So wurde auch nochmals Platz für Grundsatzdiskussionen geschaffen.
WAIKIKI wird gut, weil es das passendste Hallenbad am günstigsten und bestgelegenen Ort mit kürzester Realisierungsdauer ist.
Weder alternative Standorte (sei es irgendwo im Westen oder im Lerchenfeld), noch komplett neue Bauprojekte, noch aufschiebende Terminplanungen, noch irgendwelche optionalen Individualwünsche werden ein St.Galler Hallenbadprojekt günstiger oder gar besser machen! Dies hat die Diskussion in der LBK klar aufgezeigt. Im Gegenteil: Ein neuer Wettbewerb mit Vorprojekt, der Kauf einer Alternativfläche, der allfällige Verzicht auf den Wellnessbereich und alle anderen diskutierten Vorschläge: Sie alle verzögern entweder den Bau eines neuen Hallenbades um viele Jahre und erhöhen damit die noch unbekannten Investitionen im stark sanierungsfälligen alten Blumenwies, …
…oder sie reduzieren die Einnahmen im neuen Hallenbad.
…oder sie gefährden die Umweltziele der Stadt.
…oder sie verteuern ein neues Hallenbad in der Stadt St.Gallen um eine unbekannte Höhe im zweistelligen Millionenbereich.
Dies alles ist nicht im Sinn der städtischen Bevölkerung und spricht dafür, der Vorlage heute zuzustimmen.
Auch unsere Fraktion kann jedoch einige Kritikpunkte im Verlauf der letzten Monate nicht unerwähnt lassen:
Der politische Prozess, den der Stadtrat durch die Erstinformation des überarbeiteten Projektes an die Fraktionspräsident:innen statt die entsprechenden Kommissionsmitglieder gewählt hat, ist störend und ein absolutes No-Go! Zumal sich uns bis heute nicht erschliesst, was eigentlich Sinn und Zweck dieser stadträtlichen Überlegung war. Das Parlament ist keine hierarchische «Top-to-Bottom»-Gemeinschaft, bei welcher zuerst den Fraktionspräsident:innen den Honig ums Maul geschmiert werden muss, damit die Schäfchen in der Fraktion hörig werden. Nein, das Parlament unterteilt sich in Fraktionen und Kommissionen, welche alle entsprechend ihrer Grösse und Zuteilung Informationsrecht geniessen und die Vorlagen in den dafür geschaffenen offiziellen Kommissionssitzungen behandeln.
Weiter stützen wir zwar den Stadtrat in seinen Überlegungen, dass er uns das ursprüngliche Projekt ein weiteres Mal vorlegt. Denn das überarbeitete Projekt konnte in unseren Augen überzeugend darlegen, dass ein Verzicht auf Tribüne und Galerie nicht die gewünschten Einsparungen bringen würde. Nebenbei sei erwähnt, dass unsere Fraktion bereits bei der Rückweisung vor eineinhalb Jahren starke Zweifel daran hatte, ob der Einspareffekt durch die teilweise etwas kleingeistigen und wenig vorausschauenden Anpassungswünsche wirklich so gross wie erwünscht sein würden. Dass der Stadtrat uns allerdings das vom Neubauprojekt unabhängige Bauzeitprovisorium erneut vorlegt, obwohl es dieses Parlament vor eineinhalb Jahren mit 80% Mehrheit abgelehnt hat, missfällt dem grossen Teil unserer Fraktion.
Die aktuellen politischen Ereignisse mögen es etwas in den Hintergrund gerückt haben, doch nach wie vor rast die Welt auf die Klimakatstrophe zu. Ich erinnere gerne an die Diskussionen im Waaghaussaal unter Beobachtung der Klimastreik-Jugend vor drei Jahren, als Parlamentarierinnen und Parlamentarier gefordert haben, künftig bei jeder Vorlage die Auswirkungen auf das Klima an vorderster Stelle zu setzen.
Die Klimakrise, so umfassend und global sie ist, beenden wir sicherlich nicht mit einem ressourcenverschwenderischen Projekt, das für zwei Wintersaisons die Bedürfnisse von Sportschwimmerinnen und Wassersportvereine befriedigt.
Nein, wir beenden die Klimakatastrophe, in dem wir alle unsere Bedürfnisse hinterfragen und uns fragen, welchen Beitrag wir als Stadt, als Individuum, als Schwimmerin und Wasserballsportler leisten können, um die städtische CO2 Bilanz zu reduzieren. Wir müssen unseren Lebensstil überdenken. Nach wie vor sind wir deshalb grossmehrheitlich gegen die Anschaffung einer nigelnagelneuen, schwach isolierten Traglufthalle. Auch wenn diese nach zwei Wintern statt direkt entsorgt, doch noch irgendwo weiterverwendet werden würde, würde sie genauso eine Energieschleuder bleiben, einfach an einem anderen Ort. Zudem wird das Fernwärmenetz gerade im Winter mit Erdgas ergänzt. Welche politische Schwachstelle diese Abhängigkeit hat, ist uns momentan wohl allen bewusst.
Der Stadtrat hat aufgezeigt, dass die Verlagerung des regulären Schwimmunterrichts der städtischen Schulen ins Volksbad möglich ist. Kein Kind in dieser Stadt wird also ohne Bauzeitprovisorium zu weniger Schwimmlektionen kommen. Auch einen Teil der Wassersportvereine könnte gemäss Vorlage im Winter auf das Volksbad ausweichen. Ja, das Volksbad hat nicht die perfekte Länge, nicht die perfekte Tiefe, nicht die perfekte Garderobe, und eigentlich ist es noch sanierungsfälliger als das Blumenwies. Aber an die Schwimmerinnen und Schwimmer sei erwähnt: Erstens bekommen Sie nach zwei Jahren Durststrecke ein wunderbares Hallenbad. Und zweitens hat auch die Pandemie gezeigt, dass ein Vereinsleben nicht aussterben muss, weil während zwei Wintersaisons nicht alle Wünsche abgedeckt werden.
Der Verzicht aufs Provisorium ist ein kleiner Beitrag an die steigenden CO2 Emissionen und eine Erinnerung dazu, dass Ökologie auch mit Verzicht verbunden ist.
Eine Minderheit unserer Fraktion wird dem Bauzeitprovisorium zustimmen, weil sie eine Benachteiligung von Kindern aus sozial schwächer gestellten Familien und Schülerinnen und Schülern von Sonderschulen befürchtet. Zudem wird bezweifelt, dass der wichtige reguläre Schulunterricht im Volksbad möglich ist.
Betreffend den Projektkosten bezweifeln wir momentan stark, dass das neue Blumenwies für 45 Millionen Franken Gesamtkosten gebaut werden kann. Die externen Berechnungen und die getätigten Aussagen des Architekten lassen doch eher befürchten, dass betreffend Finanzen das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Dennoch erachten wir einen kompletten Neustart aus den eingangs erwähnten Gründen aus finanzieller und terminplanerischer Sicht als nicht zielführend.
Liebe Kolleginnen und Kollegen: Beenden wir nach den intensiven und wertvollen Diskussionen in den letzten rund vier Jahren die Träume: Wir werden kein besseres Projekt für den angezeigten Preis bekommen! Nach den intensiven Debatten der letzten Jahre kommt unsere Fraktion zum Schluss, dass die dringliche Sanierung des Blumenwies keinen weiteren zeitlichen Aufschub vertragen kann. Nach den zahlreichen Hürden, die WAIKIKI aus mehr oder weniger gerechtfertigten Gründen nehmen musste, wird unsere Fraktion dem Kredit für die Erneuerung und Erweiterung des Hallenbades Blumenwies geschlossen zustimmen.“