Sehr geehrte Frau Sommaruga, sehr geehrte Damen und Herren

Die GRÜNEN Stadt und Region St. Gallen bedanken sich für die Einladung zur Vernehmlassung. Die folgende Stellungnahme beschränken sich im Wesentlichen auf den Ausbauschritt im Raum St. Gallen (3. Röhre Rosenbergtunnel inkl. Spange Güterbahnhof). Einige generelle Bemerkungen zur Vorlage sind dennoch enthalten. Es ist einerseits bemerkenswert, wie konsequent und zielstrebig der Bund die Realisierung des im Jahr 1960 gefassten Netzbeschlusses immer noch vorantreibt. Andererseits erstaunt es, dass die Probleme, welche durch das extreme Wachstum der Mobilität entstanden sind, zwar benannt, aber nicht ansatzweise angegangen werden. Die Kapazitätserweiterung des Autobahnnetzes wird begründet mit drohenden Verkehrsüberlastungen. Man stützt sich dabei auf die prognostizierte wirtschaftliche Entwicklung und daraus abgeleitete Wachstumsprognosen für den Verkehr. Dabei wird ignoriert, dass durch die Erweiterung der Verkehrskapazität diese Wachstumsdynamik weiter angetrieben wird. Die zusätzlichen Strassenflächen sind nicht nur eine Reaktion auf die erwartete Verkehrszunahme, sie ziehen unmittelbar zusätzlichen Verkehr nach sich. Gemessen an den Umweltkosten sowie am Energie- und Platzverbrauch pro Personenkilometer ist Autofahren die ineffizienteste Art, sich fortzubewegen. Die GRÜNEN der Stadt und Region St.Gallen sind der Meinung, dass man mit Massnahmen zur Verkehrsreduktion und Verkehrsverlagerung auf die drohenden Überlastungen der Verkehrsnetze reagieren muss. Insbesondere muss das Angebot des Öffentlichen Verkehrs weiter verbessert und ausgebaut werden und es müssen die Verkehrswege für den Velo- und Fussverkehr sicherer und attraktiver gemacht werden.

3. Röhre Rosenbergtunnel
Wie oben ausgeführt, fördert die zusätzliche Tunnelröhre das Wachstum des Autoverkehrs. Deshalb sollte auf deren Bau verzichtet werden. Mit den bereits bestehenden vier Tunnelröhren lassen sich sowohl die absolut notwendigen Autofahrten wie auch zusätzlicher Freizeit- und Berufsverkehr in recht grossem Ausmass gewährleisten.
Anstatt die dritte Tunnelröhre zu bauen, schlagen die GRÜNEN vor, verstärkt Massnahmen zur Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung umzusetzen:
• Weitere Verbesserung der ÖV-Verbindungen zwischen Stadt und Umland und innerhalb der Stadt.
• Verbesserung der Verkehrswege für Velo- und Fussverkehr in der Stadt (hohes Verbesserungspotential!)
• Förderung von Büroarbeitsplätzen in der Nähe der Wohnorte, damit weniger Berufspendelverkehr nötig ist
• Förderung der Shared Mobility, insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Verfügbarkeit von autonomen Fahrzeugen

Spange Güterbahnhof
Die Autobahnausfahrt Güterbahnhof ist nicht vereinbar mit dem Reglement für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung, welches bereits zweimal durch die Stimmbevölkerung der Stadt St.Gallen bestätigt worden ist (2010, 2018). Dieses legt fest, dass der Mehrverkehr in der Stadt St.Gallen über den öffentlichen Verkehr und den Langsamverkehr abgewickelt und die Verkehrsmenge des motorisierten Individualverkehrs (MIV) plafoniert werden soll. Die neue Autobahnausfahrt wird jedoch zu einer erheblichen Zunahme des MIV führen.
Der Bau der Ausfahrt Güterbahnhof wirkt weiteren verkehrspolitischen Zielen entgegen, die in der Vorlage selbst, unter Punkt 2.3.4.1, genannt werden (S. 35 f.): Zum einen soll durch den Ausbau der Nationalstrassen das nachgelagerte Strassennetz entlastet werden, mit dem Ziel, die darauf vorgesehenen Massnahmen zur Förderung der kollektiven Verkehrsmittel sowie des Fuss- und Veloverkehrs umzusetzen. Die zusätzliche Autobahnausfahrt stärkt jedoch einseitig und massiv den Autoverkehr, der über die Leonhardsbrücke, Leonhardstrasse, Davidstrasse und Geltenwilenstrasse in die Stadt fliessen wird. Er wird sehr viel Fläche beanspruchen, die eigentlich dem Langsamverkehr und dem Öffentlichen Verkehr zugewiesen werden sollte. Weiter soll die Wohnlichkeit der Siedlungsgebiete gesteigert werden. Die Wohnlichkeit entlang der neuen Einfallsachsen in die Stadt verschlechtert sich wegen der neuen Autobahnausfahrt jedoch drastisch.

Zusammenfassung (Antworten auf Fragen zu den generellen Aspekten der Vorlage)

1. Sind Sie mit den Grundzügen der Vorlage einverstanden?
Die GRÜNEN Stadt und Region St.Gallen lehnen sowohl den Bau der 3. Röhre Rosenbergtunnel als auch die Autobahnausfahrt Güterbahnhof ab. Beide Projekte verschärfen die Verkehrs- und Umweltprobleme in unserer Region und darüber hinaus. Insbesondere tragen sie zur Klimaerhitzung bei. Sie stehen im Widerspruch zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik, welche die St. Galler Stimmbevölkerung am 7. März 2010 per Volksabstimmung beschlossen und am 4. März 2018 bestätigt hat.

2. Gibt es Themen, die Ihrer Ansicht nach zu wenig berücksichtigt wurden?
Die Anstrengungen müssen in die entgegengesetzte Richtung gehen. Es braucht Massnahmen zur Verringerung des Verkehrs und zur Verlagerung auf den Öffentlichen Verkehr sowie auf den Langsamverkehr.
Zu den Fragen 3. bis 6. aus dem Fragekatalog nehmen die GRÜNEN Stadt und Region St.Gallen nicht Stellung.

Für weitere Informationen:

Bilder der Aktion „Dicke Post nach Bern“, 06.04.2022:
Gemeinsam mit verschiedenen Parteien, Organisationen und Verbänden fordern wir den Bundesrat auf, auf die dritte Röhre und insbesondere die Autobahnausfahrt Güterbahnhof zu verzichten!