In einer Mitteilung am 6. Juli 2022 informierte der St.Galler Stadtrat über Strassenbauarbeiten am Unteren Graben im Abschnitt zwischen Metzgergasse und Kirchgasse. In dessen Zuge wird der sogenannte Bypass zwischen Schibenertor und Metzgertor zwischen dem 11. Juli und dem 14. August für den motorisierten Verkehr gesperrt. So weit, so unspektakulär.

Interessant ist nun, dass der gleiche Stadtrat noch im Februar 2022 die Möglichkeit einer Schliessung ebendieses Bypasses grundlegend anders beurteilte. In einer Antwort auf eine Interpellation der Fraktionen GRÜNE/Junge Grüne und SP/JUSO/PFG-Fraktion hiess es fast schon apokalyptisch, eine Schliessung des Bypasses würde den Knoten Blumenbergplatz derart stark überlasten, dass «der Verkehr in der Umgebung zusammenbrechen würde», was weder für die Stadt noch für den Kanton akzeptabel sei. Selbst ein Versuchsbetrieb führe zu derart negativen Auswirkungen, dass ein solcher als nicht sinnvoll erachtet werde. Die Interpellation forderte, den motorisierten Individualverkehr im Rahmen eines Versuchsbetriebs über den Blumenbergplatz zu führen. Die Idee dahinter: Durch die Schliessung des Bypasses würde endlich Platz frei für die Fortsetzung des unterbrochenen Velostreifens am Unteren Graben zwischen Blumenbergplatz und Grabenhalle – heute ein gefährliches Nadelöhr im städtischen Velonetz. Für die Anwohner:innen am Grabenstich entstünde gleichzeitig ein lebenswerter Freiraum.

Wir sind erstaunt ob des kurzen Gedächtnisses des Tiefbauamts. Für uns kommen nur zwei Erklärungen in Frage: Entweder kommen innerhalb des Tiefbauamts unterschiedliche Abteilungen zu ganz unterschiedlichen Beurteilungen zu ein und derselben Verkehrssituation. Oder aber der Mut, sich ernsthaft mit neuen verkehrspolitischen Lösungen auseinanderzusetzen ist bei der politischen Führung derart schwach ausgeprägt, dass man lieber alles beim Alten belässt. Klar ist: Ein verkehrsbefreiter und lebenswerter Bypass wäre machbar, wenn man ihn denn wollte.

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Bildlegende: Peter Olibet (links, Co-Präsident SP Stadt St.Gallen) und Christian Huber (rechts, Präsident Grüne Stadt St.Gallen) ermuntern die anliegenden Bars und Anwohnerinnen und Anwohner, den autofreien Sommer zu nutzen und die Strasse mit Leben zu füllen.