Zum Interview mit Walter Locher.

Herr Locher tätigt diese Aussagen in einer Zeit, in der in Europa Wälder brennen und Dürre und Rekordtemperaturen herrschen. Er tätigt diese Aussage in einer Zeit, in welcher gemäss BAFU der Biodiversitätsverlust «eine Bedrohung der Existenzgrundlage für die Menschen darstellt» und die Hälfte aller einheimischen Arten akut bedroht sind, ein Drittel der weltweiten Ökosysteme vor dem Kollaps stehen, die Arktis pro Jahr 150 Mia. Tonnen Eis verliert, 155 Mio. Menschen aufgrund von Extremwetterereignissen hungern (die Hälfte davon Kinder) und laut UNHCR über 30 Mio. Menschen im Jahr 2020 ihre Heimat aufgrund von Naturkatastrophen verlassen mussten. Dies sind nur wenige der nackten Fakten jener Welt, in welcher wir aktuell leben – von der Zukunft ganz zu schweigen! Die Verharmlosung dieser Tatsachen zeugt von einer unglaublichen Ignoranz gegenüber naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und gegenüber aktuellen sowie zukünftigen Klimaauswirkungen, welche gerade junge Menschen und ärmere Länder im globalen Süden am härtesten treffen. Was also tun?

Herr Locher sagt zurecht, dass wir alles unternehmen sollten, um einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten. Die mindestens 800 Millionen Franken teure Teilspange mit Autobahnausfahrt beim Güterbahnhof ist jedoch genau das Gegenteil davon: Sie wird deutlich mehr Autos den Weg von der Autobahn in die Stadt ermöglichen. In der kürzlich abgeschlossenen Testplanung zum Güterbahnhofareal kommt selbst das Beurteilungsgremium zum Schluss, dass der Autobahnanschluss mit dem neuen sechsspurigen (!) Verkehrsknoten an der St.Leonhardsbrücke durch die «zusätzliche Versiegelung von Flächen zur Hitzeinsel-Bildung» beitrage und die Verkehrsträger zulasten «des Fuss- und Veloverkehrs sowie des öffentlichen Verkehrs» verschiebe, «was den Zielen des städtischen Mobilitätskonzeptes 2040» zuwiderlaufe. Besonders pikant: Es wurde nicht einmal erwogen, eine Variante in der Testplanung auszuarbeiten, die entsprechend dem geltenden Mobilitätskonzept der Stadt St.Gallen den motorisierten Individualverkehr auf dem städtischen Strassennetz plafoniert hätte!

Fakt ist also: Der Autobahnanschluss wird mehr Autoverkehr im Stadtzentrum generieren. Knoten wie das Schibenertor oder der Blumenbergplatz würden mit noch mehr Autos geflutet. Über die Vision des Präsidenten der IG Engpassbeseitigung, dass «das Projekt eben gerade den Stau, auch im innerstädtischen Netz, zum Verschwinden bringen möchte» und sich dieser wie von Zauberhand «auflöst», können die GRÜNEN nur müde lächeln: Solche Illusionen macht sich die Autofraktion schon seit über 60 Jahren. Das Ergebnis dieser jahrzehntelangen Bemühungen kennen wir alle: eine gewaltige Zunahme des Autoverkehrs!

Was wir wirklich benötigen, sind nicht gefährliche Verharmlosungen der Klimakrise und noch mehr Strassen, sondern endlich deutlich mehr finanzielle Mittel für Klimaschutz und für die Minderung der Folgen der Klimaerhitzung. Nur so können Verkehrsflächen für den Fuss- und Veloverkehr und für Busse geschaffen und gerade auch im Strassenraum mehr kühlende Bäume gepflanzt werden. Die GRÜNEN werden darum zusammen mit anderen fortschrittlichen Parteien, Umweltorganisationen und Menschen dieses aus finanz- und klimapolitischer Sicht unsinnige Projekt mit allen demokratischen Mitteln bekämpfen.

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