Wer ernsthaft sparen will, muss auch über Einnahmen reden

«Die Stadt St.Gallen steht unbestritten vor grossen finanziellen Herausforderungen. Diese Realität leugnen wir nicht. Wir unterstützen das Ziel, die Finanzen zu stabilisieren, ausdrücklich», sagt Christian Huber, Stadtparlamentarier und Fraktionspräsident der GRÜNEN und Jungen Grünen. «Auch der angekündigte Dialog mit dem Kanton und den Nachbargemeinden über die ungleichen Zentrums- und Zusatzlasten ist überfällig und bleibt nach dem Nein zur Finanzausgleichsvorlage von vergangenem Sonntag wichtiger denn je.»

Doch eine nachhaltige Finanzpolitik, die diesen Namen verdient, muss mehr leisten als zu kürzen. Sie muss auch die Einnahmeseite offen ansprechen. Die Steuersenkung um drei Prozentpunkte auf 2024 war vor dem Hintergrund struktureller Defizite, umweltpolitischer Transformationsprozesse und absehbarer Investitionsbedarfe aus heutiger Sicht nicht zielführend. Der Stadtrat hat sich nun zum Ziel gesetzt, den städtischen Haushalt im Gleichgewicht zu halten – unabhängig vom aktuellen Steuerfuss. Unter den erwähnten Rahmenbedingungen erscheint dieses Ziel jedoch kaum realistisch. Auch andere Gemeinden im Kanton St.Gallen sehen sich gezwungen, ihre Steuerstrategie zu überdenken und entsprechend anzupassen. «Wer jetzt Investitionen plafoniert, weil Mittel fehlen, spart nicht – er verschiebt Probleme und verteuert sie für morgen», so Huber. Steuern sind kein Feind, sie sind Ausdruck von Solidarität. Sie ermöglichen öffentliche Leistungen, entlasten die gesamte Region und sichern Lebensqualität für alle.

Ein Zurück bei Umwelt, Mobilität und Bildung gibt es nicht

Besonders brisant ist, dass nicht oder nur teilweise erreichte Ziele aus der Legislatur 2021–2024 stillschweigend beerdigt wurden. «Projekte – vor allem in den Bereichen Umwelt, Mobilität und Bildung – sind unter den Tisch gefallen, ohne dass konkrete Alternativen formuliert wurden», ergänzt Rebekka Schmid, Stadtparlamentarierin und Co-Präsidentin der GRÜNEN Stadt St.Gallen. «Die neuen Legislaturziele sind in zentralen Zukunftsfragen mutlos, vage und defensiv.»

Klimaschutz braucht Taten, nicht nur Worte

Die Bevölkerung dieser Stadt hat sich mehrfach und deutlich an der Urne für eine ambitionierte Klimapolitik ausgesprochen – sei es mit dem Klimaschutzartikel, der Zustimmung zum Ausbau der Fernwärme oder der Ablehnung zusätzlicher Autobahnen. Trotzdem bleiben die Legislaturziele hinter dem Notwendigen zurück. «Die Stadt hat sich zur Klimaneutralität bis spätestens 2050 verpflichtet – doch konkrete Schritte, wie eine echte Mobilitätswende oder entschlossene Massnahmen zur Hitzeminderung, sucht man in den Zielen dieser Legislatur vergebens», kritisiert Michael Breu, Co-Präsident der GRÜNEN Stadt und Region St.Gallen. «Wer die Mobilitätswende, den Unterhalt der Infrastruktur oder Klimaanpassungsmassnahmen aus Spargründen zurückstellt, gefährdet den Standort St.Gallen und erhöht die Kosten langfristig.» Statt struktureller Weiterentwicklung drohe Stagnation – das können und dürfen wir uns nicht leisten. «Die Realität des Klimawandels ist nicht verhandelbar – auch nicht im Budgetprozess», so Breu. Projekte wie Schwammstadt-Elemente, Entsiegelung, Baumpflanzungen oder der Ausbau des Velo- und ÖV-Angebots sind keine Luxuswünsche, sondern überfällige Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung. «Wer Klimaanpassung jetzt streicht, riskiert Hitzetote, Überschwemmungen und teure Sanierungen. Das ist nicht verantwortbar.»

Ein kantonaler Angriff auf die Solidarität

Gleichzeitig drohen Kürzungen auf kantonaler und kommunaler Ebene zentrale soziale, ökologische und kulturelle Leistungen zu zerschlagen. Was als «Sparen» verkauft wird, ist in Wahrheit ein Angriff auf das solidarische Gemeinwesen. Und dieser Angriff trifft die Falschen: Kinder, Alleinerziehende, Menschen mit Beeinträchtigungen, ältere Menschen, das Bildungssystem, die Klimaanpassung, den öffentlichen Verkehr. Abbaupolitik trifft Menschen – immer. Und sie trifft jene zuerst, die ohnehin schon mit dem Rücken zur Wand stehen.

Gemeinsam mit SP, JUSO und Jungen Grünen haben die GRÜNEN deshalb die Stadt-Charta für das Recht auf Stadt lanciert – als politisches Bekenntnis zu einer gerechten, sozialen und ökologisch verantwortungsvollen Stadt. Wenn der Kanton sich zurückzieht, übernehmen wir Verantwortung hier vor Ort. Die Stadt-Charta ist unser Gegenentwurf zu populistischen Scheinlösungen, zur sozialen Spaltung und zum klimablinden Rückzug in die Komfortzone. Sie steht für eine Stadt, die niemanden zurücklässt, die in die Zukunft investiert, anstatt sich selbst zu demontieren. Für eine Stadt, die gestaltet statt verwaltet – weil wir es uns nicht leisten können, es nicht zu tun.

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